Ratgeber
Haarige Probleme lösen
Für jeden Kopf das richtige Mittel
Zu fettig, zu trocken, zu dünn – viele Frauen und Männern hadern mit ihren Haaren. Doch für die meisten Haarprobleme gibt´s eine Lösung. Die richtige Pflege, bewährte Hausmittel und spezielle Produkte aus der Apotheke bringen fast jeden Schopf auf Vordermann.
Hornstrang mit Fettfilm
Bis zu 140 000 Haare wachsen auf einem Menschenkopf. Die meisten Haare haben Blonde, die wenigsten mit ca. 85 000 Rothaarige. Jedes einzelne Haar setzt sich aus einer Haarwurzel und dem sichtbaren Haarschaft zusammen. Dieser besteht aus verhornten Zellen und wird von einem Film aus Proteinen und Fetten überzogen. Das macht gesundes Haar glänzend und geschmeidig.
Die eigentliche Aufgabe des Kopfhaars ist vor allem praktischer Natur: Es soll vor UV-Strahlung und Verletzungen schützen und verhindert ein zu schnelles Abkühlen des Kopfes. Daneben gilt volles und glänzendes Haar seit Jahrtausenden auch als Symbol für Gesundheit, Jugend und Kraft. Deshalb verwundert es nicht, dass sich die meisten Menschen schöne Haare wünschen. Doch die Realität sieht häufig anders aus. Viele Männer und Frauen haben mit Haarproblemen zu kämpfen. Dafür gibt es eine Menge Ursachen: Oft liegt es daran, dass die Kopfhaut gestresst ist - z. B. durch zu heißes? Föhnen der Haare, durch zu viel Sonne oder ungeeignete Pflegeprodukte.
Manchmal sind auch Erkrankungen oder körperliche Veränderungen daran schuld, dass Haare fettig, dünn oder strohig werden. Das ist z. B. der Fall bei einer Schwangerschaft oder in der Menopause. Auch bei Schilddrüsenfunktionsstörungen verändern sich die Haare. Schließlich können auch Medikamente Einfluss auf den Haarwuchs nehmen. Dazu gehören Kortison, die Antibabypille, bestimmte blutverdünnende Wirkstoffe und manche Antidepressiva. Die ausgeprägtesten Folgen hat die Chemotherapie, weil die Haare dabei häufig komplett ausfallen.
Hinweis: Auch psychischer Stress kann zu Problemen mit den Haaren führen. Das Stresshormon Cortisol hemmt beispielsweise das Haarwachstum. Außerdem setzen die den Haarfollikel umgebenden Nervenfasern bei Stress Neuropeptide frei, die entzündliche Reaktionen und Juckreiz auslösen.
Haarpflege ist eine Typenfrage
Für gesunde und schöne Haare ist die richtige Pflege das A und O. Sie richtet sich nach dem Haartyp, der wiederum von der Kopfhaut abhängt. Im Idealfall ist die Kopfhaut ausreichend mit Fett versorgt. Häufiger liegt veranlagungsbedingt jedoch ein Zuviel oder Zuwenig vor. Dann werden zwei zwei Haartypen unterschieden:
- Seborrhoischer Haartyp (zu fettige Haare). An jeder Haarwurzel sitzt eine Talgdrüse, um das Haar mit Fett zu versorgen. Beim seborrhoischen Typ sind diese Talgdrüsen überaktiv. Die gesteigerte Talgproduktion macht Haare und Kopfhaut fettig, besonders im Bereich des Haaransatzes.
- Sebostatischer Haartyp (zu trockene Haare). Zu wenig aktive Talgdrüsen führen dazu, dass die Kopfhaut fettarm und trocken ist. In der Folge fehlt den Haaren der Glanz. Oft sehen sie strohig aus, es drohen Haarabbrüche und Spliss.
Ein falscher Umgang mit den Haaren oder ungeeignete Pflegeprodukte können den Zustand von Kopfhaut und Haaren verschlimmern. Zum Glück ist auch das Gegenteil der Fall: Mit der richtigen Pflege lässt sich fettigen oder trockenen Haare gut entgegenwirken.
Mit Spezialshampoo, Babypuder oder Brennnesseltee gegen Fett
Für die Reinigung von fettigem Haar gibt es eine Vielzahl von Shampoos. Sie enthalten meist waschaktive Tenside wie Alkylethersulfate, denen zur gezielten Pflege oft Kräuterextrakte zugesetzt werden. Diese sollen die Talgproduktion bremsen und das Nachfetten verzögern. Typische Zusätze sind Extrakte aus Eukalyptus, Brennnessel, Kamille, Minze und Zitrusfrüchten. Einige Shampoos enthalten auch Mineralien, Aktivkohle oder weiße Tonerde. Diese Substanzen nehmen überschüssiges Fett auf und senken ebenfalls die Talgproduktion. Spezielle Präparate gibt es in der Apotheke, z.B. von den Firmen Ducray und von Vichy.
Fettiges Haar darf man so oft waschen, wie man möchte. Der Mythos, dass häufiges Waschen die Talgproduktion anregt, ist längst überholt. Bei der Haarwäsche sollte man jedoch auf Folgendes achten:
- Kopfhaut nicht zu grob massieren
- lauwarmes Wasser nehmen
- Wirkshampoo mit milden, pH-neutralen Shampoo im Wechsel anwenden
- Haare möglichst an der Luft trocknen lassen
- Föhnen nur mit niedrigster Stufe und reichlich Abstand zwischen Föhn und Haar.
Einige Hausmittel haben sich als Spülungen oder Kuren bei fettigem Haar bewährt. Dazu gehört in erster Linie Apfelessig. Zum Herstellen einer Spülung mischt man zwei Esslöffel Apfelessig auf einen Liter Wasser. Tee entfettet Haaransatz und Kopfhaut ebenfalls. Infrage kommen dafür Kamillen-, Brennnessel- und schwarzer Tee.
Auch Zitrusfrüchte helfen gegen fettige Haare. Dazu mischt man den Saft zweier Zitronen mit zwei Tassen lauwarmem Wasser und massiert die Flüssigkeit vorsichtig in die Kopfhaut. Nach fünf Minuten Einwirkungszeit wird der Zitronensaft gründlich ausgespült. Empfohlen werden zudem Kuren mit Heilerde. Nach Anrühren zu einem Brei trägt man diesen für 20 Minuten auf dem Kopf auf.
Hinweis: Wenn fettiges Haar ganz schnell auf Vordermann gebracht werden soll, bieten sich Trockenshampoos oder Babypuder an. Sie werden auf das trockene Haar gesprüht oder gepudert und saugen dort überschüssiges Fett auf. Anschließend muss man das Haar gründlich ausbürsten.
Masken und sanfte Bürsten bei trockenen Haaren
Bei trockenen Haaren ist die Bildung des schützenden Fett- und Proteinfilms gestört. Feuchtigkeitsspendende Shampoos mit Panthenol oder Glykol versorgen in diesem Fall das Haar bei der Haarwäsche mit Feuchtigkeit. Rückfettende Substanzen legen sich wie ein Schutzfilm über den trockenen Haarschaft. Auch Proteinshampoos mit Kollagen oder Elastin empfehlen sich bei trockenen Haaren. Die passende Beratung und spezielle Produkte, z.B. von Linola, Madara oder Vichy, gibt es in der Apotheke. Sind nicht nur die Haare, sondern auch die Kopfhaut zu trocken, bieten sich Produkte mit Harnstoff (Urea) an. Bei sehr strapaziertem Haar helfen auch Pflegeprodukte mit kationischen Cellulose- oder Guarderivaten.
Ebenso wie bei fettigem Haar sollte auch bei trockenem Haar die Haarwäsche sanft erfolgen. Als zusätzlicher Schutz beim Föhnen können Föhnlotionen verwendet werden. Wichtig sind sanfte, weiche Bürsten, sie reiben weniger an den Haaren.
Als Hausmittel gegen trockenes Haar kommen natürliche Fette wie Oliven- oder Arganöl zum Einsatz. Sie befeuchten und pflegen Haaransatz und Kopfhaut. Dabei reichen wenige Öltropfen aus. Nach sanftem Einmassieren soll das Öl bis zu 30 Minuten einwirken und dann gründlich ausgewaschen werden.
Selbstgemischte Haarmasken oder Haarkuren helfen ebenfalls gegen trockene Haare und lindern gereizte Kopfhaut:
- Öl-Mischung: Einen Teelöffel Olivenöl, einen Teelöffel Honig und ein Eigelb mischen, auftragen, einwirken lassen und abwaschen.
- Quark: Zwei bis drei Esslöffel Quark (evtl. mit etwas Honig gemischt) in das feuchte Haar geben und nach fünf Minuten Einwirkzeit wieder auswaschen.
- Avocadomaske: Fruchtfleisch einer reifen Avocado zerdrücken und mit einem Teelöffel Olivenöl mischen. Brei im Haar verteilen, 30 Minuten einwirken lassen und ausspülen. Avocados sind besonders pflegend, weil sie Omega-3-Fettsäuren und Protein enthalten.
Hinweis: Der Zustand von Kämmen und Bürsten wird bei der Haarpflege leicht vergessen. Um Haare und Kopfhaut zu schonen, sollten Zinken und Borsten abgerundet enden und keine scharfen Kanten aufweisen. Damit kein Fett und Schmutz auf dem Haar verteilt wird, müssen Kämme und Bürsten regelmäßig gereinigt werden – z. B. mit einem Shampoo.
Mehr Volumen für feines Haar
An feinem, dünnen Haar stören sich viele Menschen. Oft dünnt das Haar mit dem Älterwerden aus. Manchmal steckt auch ein Vitamin- oder Nährstoffmangel dahinter. Im Zweifel sollte man dies in der Arztpraxis abklären lassen.
Für die Pflege von dünnem Haar gilt: Weniger ist mehr. Shampoos oder Spülungen mit zu vielen pflegenden Zusätzen lassen dünnes Haar schnell strähnig werden. Spezielle Produkte für dünnes Haar setzen stattdessen auf volumenverstärkende Proteine oder kationische Polymere.
Hinweis: Mit einem geeigneten Haarschnitt wirkt dünnes Haar oft voluminöser. Zudem sollte man sich die Haarspitzen regelmäßig nachschneiden lassen, um ein Ausfransen zu verhindern.
Haare von innen stärken?
Um schönes und kräftiges Haar zu bilden brauchen Haarwurzeln zahlreiche Nährstoffe und Vitamine. Dazu gehören beispielsweise Biotin, Eisen, Kupfer, Selen, Vitamine A und D, Zink und Magnesium. Der Bedarf daran wird in der Regel durch eine ausgewogene Mischkost gedeckt. Vitamine und Mineralstoffen als Nahrungsergänzungsmittel fürs Haar einzunehmen ist meist überflüssig.
Manche Hersteller bieten für schönes Haar auch Präparate mit speziellen Inhaltsstoffen an. Dabei handelt es sich u.a. um Hirse, Lycopin, Taurin oder Grünteeextrakt. Ob diese Produkte die Qualität der Haare von innen verbessern, ist allerdings nicht belegt.
Tipp: Eisenmangel kann zu Haarausfall führen. Wer als Vegetarier*in auf Fleisch und Geflügel verzichtet, sollte auf eine ausreichende Zufuhr über Hülsenfrüchte und grünes Blattgemüse achten.
Kopfhaut unter Spannung
In manchen Fällen bereitet die Kopfhaut mehr Probleme als die Haare. Wenn sie spannt, juckt und brennt, ist meist die Hautbarriere gestört. Ursache sind äußerliche Reize wie starke Sonne, zu heiße Kopfwäschen, das Tragen enger Mützen oder trockene Heizungsluft.
Mit passenden Pflegeprodukten wird die Hautbarriere gestärkt und der Juckreiz gelindert. Extra milde Shampoos gibt es ebenso wie kühlende Shampoos in der Apotheke. Letztere enthalten meist Polidocanol oder Menthol. Zusätzlich kann ein auf die Kopfhaut aufgetragenes Tonikum helfen. Entsprechende Produkte, z.B. von Dermasence oder Eucerin, sind ebenfalls in der Apotheke erhältlich.
Hinweis: Werden die Probleme innerhalb weniger Tage nicht besser, sollte eine Arztpraxis aufgesucht werden. Hinter spannender und juckender Kopfhaut können auch Hauterkrankungen wie die Schuppenflechte oder ein Pilzbefall stecken.
Quelle: Deutsche Apotheker Zeitung 2023; 13: 44
Vorsicht, FSME-Gefahr!
Zecken mit Viren im Gepäck
Jedes Jahr infizieren sich in Deutschland hunderte Menschen durch einen Zeckenstich mit der Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME genannt. Meist verläuft die Infektion harmlos. Doch bei einigen Patient*innen bleiben neurologische Schäden zurück, und jede hundertste verstirbt daran. Im aktuellen Ratgeber erfahren Sie, wann ein Zeckenstich gefährlich ist und wie man sich vor der FSME schützen kann.
FSME-Viren weltweit verbreitet
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine Infektionskrankheit, bei der es zur Entzündung von Gehirn, Gehirnhaut (Meningen) und Rückenmark kommt. Ursache sind FSME-Viren, die durch Zecken übertragen werden. Sticht eine von FSME-Viren befallene Zecke zu, gelangen die Viren über den Zeckenspeichel in das Blut des Menschen und können so die Erkrankung auslösen. Im Jahr 2022 war dies in Deutschland bei 554 Personen der Fall.
FSME-Viren sind weltweit verbreitet, aber nicht überall gleich stark vertreten. In ganz Europa gibt Risikogebiete, in denen besonders viele Zecken das Virus in sich tragen. Dort infizieren sich entsprechend auch mehr Menschen durch Zeckenstiche mit FSME. Eine Region gilt dann als Risikogebiet, wenn etwa jede tausendste bis zwanzigste Zecke die Erkrankung überträgt. Außerhalb von Risikogebieten ist das FSME-Virus so selten, dass es trotz Zeckenstichen nur selten zur Infektion kommt.
In Deutschland gehören zu den Risikogebieten vor allem
- Bayern und Baden-Württemberg
- Südhessen und das südöstliche Thüringen
- Sachsen und das südöstliche Brandenburg.
Seit einigen Jahren gibt es aber auch im Westen und Norden Deutschlands vereinzelte Risikogebiete. Dies sind z.B. das Emsland, die Landkreise Solingen (Nordrhein-Westfalen) und Birkenfeld (Rheinland-Pfalz) sowie der Saarpfalz-Kreis. Das Robert Koch-Institut veröffentlich auf seiner Webseite regelmäßig Informationen zu den aktuellen Risikogebieten in Deutschland. Informationen zu den europäischen FSME-Risikogebieten sind auf den Seiten des European Center for Disease Prevention and Control (ECDC) erhältlich.
Doch die FSME-Gefahr wächst nicht nur dadurch, dass die Viren geographisch immer weiter von Süden nach Norden vorrücken. Hinzu kommt: Zecken werden bei Temperaturen über 8° C aktiv - die Hauptübertragungszeit ist deshalb zwischen April und Oktober. Durch die Klimaerwärmung verlängert sich die Zeckensaison aber zunehmend und damit steigt auch das Risiko, von Zecken gestochen zu werden.
Hinweis: Wer sich in den Bergen aufhält, muss FSME und andere von Zecken übertragene Erkrankungen weniger fürchten. Krankheitsübertragende Zecken kommen bisher nur in Höhen bis etwa 2000 m vor.
Bei zweiphasigem Verlauf wird´s brenzlig
Krankheitserscheinungen entwickeln etwa ein Drittel der Menschen, die von einer mit FSME-Viren befallenen Zecke gestochen werden. Von schwerwiegenden Symptomen und bleibenden Schäden sind eher Erwachsene und vor allem älteren Menschen betroffen. Kinder haben meist leichtere Krankheitsverläufe.
Ein bis zwei Wochen nach dem Zeckenstich beginnt die Erkrankung zunächst mit leichten grippeartigen Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schwindel. In den meisten Fällen bilden sich diese Beschwerden wieder zurück und die Krankheit ist überstanden.
In etwa 10% der Infektionen kommt es jedoch nach einem fieberfreien Intervall zu einem weiteren Krankheitsgipfel mit Beteiligung des zentralen Nervensystems. Die Erkrankten leiden unter hohem Fieber, Übelkeit, Erbrechen und starken Kopfschmerzen. Als Zeichen für entzündete Hirnhäute ist die Nackensteifigkeit typisch. Das bedeutet, dass das Beugen des Kopfes nach vorn zur Brust schmerzhaft und daher nur eingeschränkt möglich ist. In sehr schweren Fällen schädigt die Infektion sogar die Nerven und es drohen Lähmungen (auch der Atemmuskeln) und Schluckstörungen.
Sind nur die Hirnhäute betroffen, heilt die Erkrankung meist folgenlos aus. Schlechter ist die Prognose, wenn das Gehirn auch infiziert ist. Dann muss jede Fünfte mit bleibenden Schäden wie Lähmungen, epileptischen Anfällen oder Gleichgewichtsstörungen rechnen. Jede Hundertste der Patient*innen mit Beteiligung des zentralen Nervensystems stirbt sogar an seiner FSME-Infektion. Am höchsten ist dieses Risiko, wenn neben dem Gehirn auch das Rückenmark beteiligt ist.
Zeckenstich – wann zur Ärztin?
Wer an sich oder seinem Kind eine Zecke entdeckt, sollte diese möglichst schnell entfernen. FSME-Viren werden nämlich schon mit dem ersten Zeckenspeichel ins Blut übertragen. Zum Entfernen eignen sich am besten Pinzetten oder spezielle Instrumente, wie Zeckenzangen oder Zeckenkarten. Ihre Apotheker*in berät Sie beim Kauf, wie man diese am effektivsten einsetzt.
Nach dem Herausziehen der Zecke desinfiziert man die Einstichstelle gründlich. Kommt es in der Woche nach dem Zeckenstich zu Fieber, Kopfschmerzen oder gar Nackensteifigkeit, muss unbedingt die Hausärzt*in aufgesucht werden. Tritt an der Einstichstelle eine ringförmige Rötung auf, könnte eine weitere durch Zecken übertragene Infektion, die Borreliose, dahinterstecken. Auch in diesem Fall sollte man schleunigst eine Arztpraxis aufsuchen. Denn gegen die Borreliose helfen – früh eingesetzt – Antibiotika.
In der Arztpraxis wird ein Verdacht auf FSME über eine Blutentnahme abgeklärt. In den ersten beiden Wochen nach der Infektion lässt sich direkt das Virus bestimmen. Später ist das nicht mehr möglich, dann sucht die Ärzt*in nach Antikörpern, die der Körper zur Abwehr des Virus bildet. Diese lassen sich im Blut oder in der Hirnflüssigkeit (Liquor) nachweisen.
Eine spezielle Therapie gegen FSME gibt es nicht. Behandelt werden die Symptome. Gegen Kopfschmerzen und Fieber bekommen die Betroffenen z.B. Ibuprofen oder Paracetamol. Bei sehr schweren Verläufen mit Atemlähmung oder Bewusstseinsstörungen müssen die Erkrankten intensivmedizinisch betreut werden.
Hinweis: Neurologische Schäden wie Lähmungen oder Sprechstörungen erfordern oft eine lange Behandlung. Etwa 40% der Betroffenen benötigen Rehamaßnahmen. Zum Einsatz kommen dabei vor allem Krankengymnastik, Logopädie und Ergotherapie.
Vorbeugen ist besser als erkranken
Da es zur Behandlung der FSME keine spezielle Therapie gibt, ist Vorbeugen umso wichtiger. Basismaßnahme ist der Schutz vor Zeckenstichen. Wer sich in der Natur aufhält, sollte geschlossene Kleidung mit langen Ärmeln und Beinen und feste Schuhe tragen. Sehr hilfreich ist es, die Hosenbeine in die Strümpfe zu stecken. Entgegen landläufiger Meinung fallen die Zecken selten von Ästen. Sie heften sich eher von unten an den Menschen, z.B. über Gräser, und krabbeln dann unter die Kleidung die Beine entlang in Richtung Kniekehle oder Leiste. Um unbedeckte Hautstellen zeckenfrei zu halten, gibt es zeckenabweisende Mittel – diese halten allerdings nur wenige Stunden an.
Die sicherste Maßnahme gegen die FSME ist die Impfung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die FSME-Impfung verschiedenen Bevölkerungsgruppen:
- Personen, die in Risikogebieten leben oder sich dort kurzfristig aufhalten, und dort von Zecken gestochen werden können. Das sind z.B. Wandernde, Hundebesitzer*innen und andere Menschen, die sich viel in der Natur aufhalten.
- Personen, die in Risikogebieten im Wald oder der Landwirtschaft arbeiten.
- Menschen, die außerhalb von Deutschland in Risikogebieten Urlaub machen wollen.
- Laborpersonal.
Kinder sollten ebenfalls gegen FSME geimpft werden – auch wenn die Infektion bei ihnen meist leichter verläuft. Erlaubt ist die Impfung ab dem Alter von zwölf Monaten. Allerdings löst sie bei Kleinkindern unter drei Jahren in bis zu 15% Fieber aus. Ärzt*in und Eltern besprechen deshalb am besten individuell, wie hoch das Risiko für das Kind tatsächlich ist.
Hinweis: Die Krankenkassen tragen die Kosten für Personen, die innerhalb Deutschlands gefährdet sind, also z.B. in einem Risikogebiet wohnen. Ob die Kosten auch als Reiseimpfung für einen Auslandaufenthalt in Risikogebieten übernommen werden, muss man mit seiner Kasse abklären.
Dreimal impfen muss sein
Für den kompletten Impfschutz sind drei Impfungen erforderlich. Je nach verwendetem Präparat erfolgt die zweite Impfung zwei Wochen bis drei Monate nach der Basisimpfung. Impfung Nr. 3 wird dann nach fünf bis zwölf oder neun bis zwölf Monaten verabreicht. Um schon im Frühjahr geschützt zu sein, beginnt man mit den Impfungen am besten im Winter. Etwa zwei Wochen nach der zweiten Impfung hat sich in den meisten Fällen ein Schutz entwickelt, der für eine Zeckensaison anhält. Nach der dritten Impfung hält der Schutz mindestens drei bis fünf Jahre, häufig auch länger. Expert*innen empfehlen, die FSME-Impfung bei Erwachsenen alle drei Jahre aufzufrischen.
Hinweis: Personen mit reduzierter Immunabwehr (z.B. unter einer Therapie mit immununterdrückenden Medikamenten oder bei einer Autoimmunerkrankung) benötigen vielleicht mehr Impfungen. Deswegen prüft die Ärzt*in nach der zweiten Teilimpfung, ob der Körper ausreichend Antikörper gebildet hat.
Nebenwirkung durch die Impfung?
Meist werden die Impfungen gut vertragen. Schmerzen und Rötungen an der Einstichstelle sind häufig, aber harmlos. Manchmal treten in den ersten vier Tagen nach der Impfung grippeähnliche Beschwerden auf, sehr selten auch Missempfinungen oder Kribbeln. Manche Geimpfte klagen auch über Übelkeit und Magen-Darm-Beschwerden. Diese unerwünschten Wirkungen klingen in den allermeisten Fällen aber schnell wieder ab und haben keine Folgen. Oft kommt es auch nur bei der ersten Impfung dazu und nicht bei den Folgeimpfungen.
Anders ist das bei Kindern unter drei Jahren. Diese reagieren in 15% der Impfungen mit Fieber. Die Ärztin bespricht deshalb mit den Eltern individuell, ob die Impfung wirklich nötig ist. Das gilt auch, wenn das Kind eine Hühnereiweißallergie hat. Die FSME-Viren für die Impfstoffentwicklung werden auf Bindegewebszellen von Hühnern gezüchtet. Damit besteht ein minimales Risiko, dass im Impfstoff Hühnereiweiß enthalten ist. Ein Kind mit schwerer Hühnereiweißallergie darf nur unter besonderen Schutzmaßnahmen und mit anschließender Beobachtung geimpft werden.
Schnellschema für Eilige
Normalerweise braucht der Körper mehrere Monate, bis er nach der Impfung einen ausreichenden Schutz aufgebaut hat. Wer kurzfristig eine Reise in ein Risikogebiet plant, benötigt den Impfschutz deutlich schneller. Dann kann nach einem speziellen Schnellschema geimpft werden.
Auch hierbei hängen die Impfabstände vom verwendeten Impfstoff ab. Dabei werden z.B. die zweite und dritte Impfung sieben bzw. 21 Tagen nach der Erstimpfung verabreicht. In der Regel lässt sich so drei bis fünf Wochen nach der Basisimpfung ein Impfschutz für ein- bis eineinhalb Jahre erreichen. Welches Präparat und Impfschema am besten geeignet ist, muss individuell entschieden werden.
Quellen: Robert Koch-Institut, Fischer S., DAZ 2023;8:32
Wenn Kinder unter Durchfall leiden
Achtung, gefährliches Austrocknen
Durchfall ist bei kleinen Kindern gar nicht so harmlos. Zwar lässt er sich mit viel Trinken und Ruhe meist in den Griff bekommen. Doch klappt das nicht, kann das Kind innerhalb weniger Stunden gefährlich austrocknen. Lesen Sie, welche und wieviel Flüssigkeit Säuglinge und Kleinkinder brauchen, wie man Trinklösungen am besten verabreicht und bei welchen Anzeichen das Durchfallkind zur Ärzt*in muss.
Von der Hand in den Mund
Jedes Jahr gibt es weltweit fast 1,7 Milliarden Fälle von Durchfallerkrankungen (Gastroenteritis) bei Kindern, meist verursacht durch infiziertes Trinkwasser und schlechte sanitäre Verhältnisse. Trotz der guten hygienischen Bedingungen in Deutschland zählt die akute infektiöse Gastroenteritis auch hier zu den häufigsten Krankheitsbildern. Verursacher sind vor allem Viren wie das Norovirus und das Rotavirus, aber auch bakterielle Salmonellen- und Campylobacterinfektionen schlagen bei den Durchfallerkrankungen zu Buche.
Die Erreger werden über den Stuhl oder das Erbrochene ausgeschieden. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral, das heißt, dass die über den Stuhl ausgeschiedenen Erreger über den Mund aufgenommen werden. Typische Beispiele sind ungenügendes Händewaschen nach dem Toilettengang oder Handkontakt mit verunreinigten Flächen. Auch Tröpfcheninfektionen sind möglich. . Dabei gelangen durch schwallartiges Erbrechen virusbeladene kleineste Tröpfchen aus der Speiseröhre in die Luft und werden von einer anderen Person über den Mund aufgenommen. Außerdem werden viele Erreger über kontaminierte Speisen übertragen.
Besonders oft erwischt es Kleinkinder und Säuglinge. Bei ihnen ist die Erkrankung am bedrohlichsten, denn sie trocknen schneller aus als Jugendliche und Erwachsene. Das größte Risiko besteht für Kinder unter sechs Monaten oder mit einem Gewicht unter 8 kg.
Hinweis: 30% der Durchfallerkrankungen bei Kindern und 50% bei Erwachsenen werden durch das Norovirus verursacht. Die Infektionen können das ganze Jahr über auftreten, ein saisonaler Gipfel besteht in den Monaten von Oktober bis März.
Wann Durchfall nicht mehr harmlos ist
Durch starken Durchfall und Erbrechen verliert der Körper Flüssigkeit und Elektrolyte, er trocknet aus. Eine solche Dehydratation kann für den ganzen Körper gefährlich werden. Am schnellsten leiden die Gehirnzellen unter dem Wassermangel. Um ein Austrocknen nicht zu übersehen, müssen Eltern ihr krankes Kind gut beobachten. Flüssigkeitsmangel macht sich folgendermaßen bemerkbar:
- Ein leichter Flüssigkeitsmangel (5% des Körpergewichts bei Kleinkindern und bzw. 3% bei Jugendlichen) fällt kaum auf. Der Durst kann vermehrt sein und die Urinmenge leicht vermindert.
- Mittelschwerer Flüssigkeitsmangel (10% bzw. 5-6% des Körpergewichts) zeigt sich durch eine trockene Wangenschleimhaut und eine geringe bzw. fehlende Urinausscheidung. Die Augen sind eingesunken (bei Säuglingen auch die Fontanellen, das sind die weichen Spalten zwischen den noch nicht zusammengewachsenen Schädelknochen), das Herz schlägt schneller und die Haut verliert an Spannung. Das Kind wirkt lethargisch, desinteressiert, müde.
- Beim schweren Flüssigkeitsmangel (15% bzw. 7-9% des Körpergewichts) kommen eine beschleunigte Atmung, die Blaufärbung von Lippen und Fingerspitzen und ein dünner, kaum tastbarer Pulsschlag hinzu. Die Haut wird häufig fleckig. Im schlimmsten Fall fällt das Kind ins Koma.
Bei Kindern mit mittelschwerem und schwerem Flüssigkeitsmangel muss eine Ärzt*in eingeschaltet werden. Daneben gibt es weitere Gründe, die Kinderarztpraxis oder die Notfallambulanz einer Kinderklinik aufzusuchen:
- Das Kind ist jünger als sieben Monate oder wiegt weniger als 8 kg.
- Es leidet an unstillbarem Erbrechen. Beim Kleinkind bedeutet dass, das es mehr als sechs bis acht Mal erbricht oder 24 Stunden lang immer wieder. Bei Säuglingen sollte man nicht länger als ein bis zwei Stunden warten, bis man sich auf den Weg zur Ärzt*in begibt.
- Es hat eine chronische Grunderkrankung.
- Es möchte trotz Zeichen der Austrocknung nichts trinken oder es verweigert das Trinken mehr als vier Stunden lang.
- Das Kind verhält sich auffällig, es schreit schrill oder ist gereizt. Alarmierend ist auch, wenn es apathisch wirkt oder auffallend müde ist.
- Es hat hohes Fieber (>39,5° C) oder starke Bauchschmerzen.
- Der Durchfall ist blutig (mehr als einzlen Blutfäden im Stuhl).
- Das Kind scheidet große Mengen an wässrigem Stuhl aus (mehr als acht bis zehn Stühle am Tag).
- Der Zustand des Kindes bessert sich trotz Trinklösung nicht.
- Die Eltern fühlen sich überfordert.
In der Kinderarztpraxis oder in der Notfallambulanz entscheidet die Ärzt*in, ob das Kind zuhause behandelt werden kann oder stationär eingewiesen werden muss. Dort bekommt es Flüssigkeit und Elektrolyte, meist über eine Magensonde durch die Nase oder als Infusion über die Vene.
In leichten Fällen reicht Trinken
Zum Glück verlaufen die meisten Durchfallerkrankungen bei Kindern mild. In diesen Fällen ist das oberste Gebot: Flüssigkeit auffüllen und Elektrolyte ausgleichen. Am besten geht das mit einer fertigen Glukose-Elektrolytlösung aus der Apotheke. Sie wird von verschiedenen Herstellern angeboten und enthält nach WHO-Vorgaben Natriumchlorid, Kalium und Glukose. In der Regel handelt es sich um Pulver, das zum Trinken angerührt wird.
Steht kein Fertigpräparat zur Verfügung, muss die Trinklösung selbst angemischt werden. Dazu eignen sich verdünnter Schwarz-, Fenchel- oder Kamillentee oder abgekochtes Wasser. Zu einem Liter gibt man 4 Teelöffel Zucker und ¾ Teelöffel normales Kochsalz (besteht aus Natriumchlorid). Auch wenn sie von den meisten Kindern gerne getrunken werden sind Cola, Limo oder Fruchtsäfte für die Rehydrierung ungeeignet. Das liegt daran, dass sie meist zu wenig Natrium und dafür viel zu viel Zucker enthalten.
Wieviel das Kind von der Lösung trinken soll, hängt von seinem Alter und von seinem Gewicht ab. Ein weiteres Kriterium ist der Flüssigkeitsverlust.
- Zeigt das Kind keine Zeichen der Austrocknung, sollte es so viel von der Lösung trinken, wie es (geschätzt) an Flüssigkeit verloren hat. Bei einem Säugling sind das etwa 50-100 ml nach jedem flüssigen Stuhl oder Erbrechen, bei Kleinkindern etwa 100 – 150 ml.
- Bei einem leichten Flüssigkeitsmangel (leichten Zeichen der Austrocknung, siehe oben) benötigt das Kind in den ersten drei bis vier Stunden insgesamt 40-50 ml Trinklösung pro Kg Körpergewicht.
Bei mittelschwerem oder schwerem Flüssigkeitsmangel entscheidet die Ärzt*in, wieviel Flüssigkeit das Kind benötigt und wie diese zugeführt wird.
Eingenommen wird die Trinklösung nach Wunsch des Kindes gekühlt oder bei Zimmertemperatur. Wenn das Kind erbricht, gibt man zu Beginn alle ein bis zwei Minuten 5 ml mit einem Teelöffel. Kleine Kinder lehnen dies manchmal ab, hier hilft eine Einmalspritze (natürlich ohne Nadel). Damit verabreicht man vorsichtig geringe Mengen in den Mund, am besten in Richtung Wange. Hat das Kind mit Löffel oder Spritze 100-200 ml zu sich genommen, kann man mit einem Becher oder einer Saugflasche weitermachen. Damit bietet man dann mehrmals die Stunde bis zu 50 ml an.
Gestillte Säuglinge bekommen die Trinklösung per Fläschchen oder Spritze verabreicht. Parallel dazu sollen sie weiter gestillt werden.
Hinweis: Immer die Gebrauchsanweisung der Trinklösung genau beachten. Ein zu hoher oder zu niedriger Verdünnungsgrad kann den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt stören und gefährliche Folgen für das Kind haben.
Medikamente gegen den Durchfall?
Das wichtigste „Medikament“ beim akuten infektiösen Brechdurchfall ist die Trinklösung. Mit ihr bringt man den Flüssigkeitshaushalt wieder ins Gleichgewicht und füllt verloren gegangene Elektrolyte wieder auf. Einige wenige Wirkstoffe können bei frühem Einsatz die Dauer und Schwere des Durchfalls verkürzen. Es wird jedoch geraten, sie dem Kind nur nach Rücksprache mit der Ärzt*in zu verabreichen. Beispiele dafür sind:
- Probiotika. Lactobacillus GG und Saccharomyces sollen sich günstig auf den Durchfall auswirken und die Ansteckungsgefahr lindern.
- Racecadotril. Diese Substanz wird im Körper zu Thiorphan umgewandelt. Es hemmt bestimmte, an der Darmschleimhaut sitzenden Peptidhormone und reduziert die Flüssigkeitsabgabe in den Darm. In der Folge dickt der Stuhl ein. Für Kinder ab drei Monaten gibt es den Wirkstoff als Granulat oder Tabletten. Einige dieser Präparate unterliegen der Verschreibungspflicht. Vor der Verabreichung an Säuglinge oder Kleinkinder sollte in jedem Fall die Kinderärzt*in konsultiert werden.
- Smektit. Die natürliche Aluminium-Magnesium-Silikatverbindung ist Bestandteil vieler Heilerden und bindet an die Darmschleimhaut. Dabei adsorbiert sie Viren, Bakterien und deren Toxine. Bei Kindern verkürzt Smektit einer Metaanalyse zufolge die Durchfalldauer um etwa einen Tag.
Keinesfalls sollte man dem Kind irgendwelche Hausmittel geben. Auch Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen wie Dimenhydrinat sind kontraindiziert. Sie reduzieren zwar den Brechreiz, machen aber auch müde und erschweren dadurch die Flüssigkeitsaufnahme. Abgeraten wird bei Kleinkindern auch von Loperamid (für Kinder unter 2 Jahren ist der Wirkstoff sowieso kontraindiziert). Loperamid hemmt zwar die Darmbewegungen und damit den Durchfall, kann bei Kleinkindern jedoch schwere Nebenwirkungen wie z.B. Verstopfung auslösen.
Hinweis: Antibiotika gelten in den wenigstens Fällen als sinnvoll. Einerseits werden die meisten infektiösen Durchfallerkrankungen durch Viren ausgelöst. Doch auch bei bakteriell verursachtem Durchfall verordnen die Ärzt*innen nur ausnahmsweise Antibiotika, z.B. bei immungeschwächten Patienten oder schwerer Erkrankung.
Wann darf wieder gegessen werden?
Nach drei bis vier Stunden sollte mithilfe der Trinklösung der Flüssigkeitshaushalt wieder ausgeglichen sein. Das erkennt man daran, dass es dem Kind wieder besser geht und es nur noch minimale Zeichen einer Austrocknung zeigt. Wenn es möchte, kann es dann wieder etwas essen.
Säuglinge bekommen Muttermilch, Flaschenkinder ihre gewohnte, aber etwas verdünnte Flaschennahrung. Älteren Kindern bietet man stärkereiches und fett- bzw. reizstoffarmes Essen an. Geeignet sind Zwieback, Toast, Reis, Karotten- oder Kartoffelbrei oder Brühe mit Nudeln oder Reis.
Hinweis: Auch bei richtiger Behandlung hält eine akute infektiöse Durchfallerkrankung meist zwei bis drei Tage an. In der gesamten Zeit sollte das Kind viel trinken. Solange der Stuhl wässrig ist, am besten die Glukose-Elektrolytlösung.
Besser vorbeugen als Durchfall bekommen
In gewissem Maß lässt sich infektiösen Durchfallerkrankungen vorbeugen. In den ersten Lebensmonaten schützt z.B. das Stillen das Kind vor Infektionen und damit auch vor Durchfall. Das trifft auch dann zu, wenn das Baby nicht voll, sondern nur teilgestillt wird.
Ansonsten gilt das Gleiche wie für alle anderen Infektionen: Hygiene hat oberste Priorität. Vor dem Hantieren mit Nahrungsmitteln und nach dem Besuch der Toilette sollen die Hände gewaschen werden – das muss auch der Nachwuchs frühzeitig lernen. Fläschchennahrung ist immer frisch zuzubereiten, damit eventuelle Erreger sich gar nicht erst in der Milch vermehren können. Fleisch und Eier können Salmonellenlieferanten sein: Sie sollten deshalb vor dem Verzehr gut durchgegart werden.
Die STIKO empfiehlt außerdem für alle Säuglinge die Schluckimpfung gegen Rotaviren. Sie verhindert zwar keine Ansteckung, aber schwere Verläufe – die bei Kindern unter zwei Jahren lebensbedrohlich sein können. Der erste Impftermin sollte zwischen der sechsten und zwölften Woche liegen. Je nach Wirkstoff sind eine oder zwei Auffrischimpfungen im Abstand von vier Wochen erforderlich.
Tipp: Die Schluckimpfung gegen Rotaviren kann auch gleichzeitig mit anderen Impfungen im Säuglingsalter gegeben werden, z.B. mit der Sechsfachimpfung ab der 8. Lebenswoche.
Quelle: S2k-Leitlinie Akute Infektiöse Gastroenteritis bei Säuglingen und Kindern
Wenn Beine keine Ruhe geben
Restless legs
Wenn nachts im Liegen die Beine nicht zu Ruhe kommen wollen, sie kribbeln und schmerzen, können Restless Legs dahinterstecken. Bei leichten Beschwerden helfen oft einfache Maßnahmen wie Schlafhygiene oder Ablenkung. Doch häufig stören die unruhigen Beine den Schlaf so sehr, dass sie die Lebensqualität empfindlich einschränken. Spätestens dann kommen Medikamente zum Einsatz.
Herumlaufen statt Schlafen
Unangenehmer Bewegungsdrang in den Beinen, gepaart mit Missempfindungen und Schmerzen: Das sind die Hauptbeschwerden beim Restless-Legs-Syndrom (RLS). Die störenden Empfindungen sind vielfältig, sie reichen von Jucken, Kribbeln, Ziehen und Reißen bis zu starken Schmerzen. Sie treten vor allem im ruhigen Sitzen oder Liegen auf, also z.B. abends vor dem Fernseher oder nachts im Bett.
Typisch ist, dass Bewegung und Aktivität die Beschwerden lindern. Stark Betroffene müssen dann immer wieder aufstehen und herumlaufen, was den Schlaf stört. Das hat viele Folgen. Zum einen fördern Schlafstörungen Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Außerdem führt schlechter Schlaf zu Tagesmüdigkeit, was wiederum die Lebensqualität einschränkt. Dabei leidet das soziale Leben nicht nur durch die RLS-bedingte Erschöpfung. Der teils unstillbare Bewegungsdrang macht manchen Betroffenen Konzert- oder Theaterbesuche unmöglich, ebenso werden Flugreisen erschwert. Das kann so weit führen, dass sich die Patient*innen ganz aus dem geselligen Leben zurückziehen.
Tipp: Nicht immer wachen die Patient*innen durch ihre unruhigen Beine auf. Bei manchen macht sich das RLS auch dadurch bemerkbar, dass im Schlaf die Beine oder Füße zucken. Wenn dies von der Bettpartner*in bemerkt wird, sollte man ein mögliches RLS bei der Ärzt*in abklären lassen.
Warum die Beine nicht zur Ruhe kommen
Die Erkrankung Restless Legs ist zwar nicht so bekannt wie die Migräne, aber ebenso häufig: Bis zu 10% der Bevölkerung sollen davon betroffen sein, vor allem Frauen im mittleren Lebensalter. Zum Glück sind bei den meisten die Beschwerden mit allgemeinen Maßnahmen beherrschbar. Doch immerhin bis zu 5% der Patient*innen benötigen Medikamente, um ihre Beine zur Ruhe zu bringen.
Die Ursache der neurologischen Erkrankung ist nicht bekannt. Expert*innen vermuten Stoffwechselstörungen im Gehirn, betroffen sein sollen der Eisenstoffwechsel und das Dopaminsystem. Offenbar ist auch die genetische Veranlagung wichtig. Inzwischen wurden verschiedene Gene identifiziert, die beim RLS eine Rolle spielen. Außerdem hat etwa die Hälfte der Betroffenen Verwandte mit den gleichen Beschwerden.
In einigen Fällen treten Restless Legs auch mit anderen Erkrankungen zusammen auf. Dazu gehören die Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) und Polyneuropathien (Erkrankungen von Nervenfasern). Medikamente können ebenfalls RLS-Beschwerden auslösen, allen voran Antipsychotika, Antidepressiva und Metoclopramid.
Hinweis: Das RLS entwickelt sich manchmal auch im Rahmen einer Schwangerschaft. Meist bilden sich die Beschwerden nach der Entbindung wieder zurück.
Checkliste und L-Dopa-Test
Bei oben genannten Beschwerden ist es wichtig, die Hausarztpraxis aufzusuchen. Zur Vorbereitung kann man die RLS-Checkliste der Deutschen Restless-Legs-Vereinigung aus dem Internet ausdrucken und die darin gestellten zehn Fragen vorab beantworten. Das hilft der Ärzt*in bei der Abklärung, ob es sich bei den Beschwerden um ein RLS handelt. Neben der Krankengeschichte wird zur Diagnose häufig der sogenannte L-Dopa-Test herangezogen.
Beim L-Dopa-Test nimmt die Patient*in einmal abends L-Dopa und einen Decarboxylasehemmstoff ein. Gehen die Missempfindungen zurück, handelt es sich um ein RLS. Allerdings schließt ein Nicht-Ansprechen ein RLS nicht sicher aus - in solchen Zweifelsfällen hilft eine Untersuchung im Schlaflabor weiter.
In unklaren Fällen muss die Ärzt*in andere Krankheiten mit Beinschmerzen, Kribbeln oder Bewegungsdrang ausschließen. Dazu gehören beispielsweise die Spinalkanalstenose (eine Verengung des Wirbelkanals), Gelenkentzündungen, Venenerkrankungen oder Durchblutungsstörungen.
Ist ein RLS diagnostiziert, muss geklärt werden, ob zusätzlich eine begünstigende Erkrankung vorliegt. Bei einem entsprechenden Verdacht decken Laboruntersuchungen Eisenmangel, Nierenschwäche und andere Erkrankungen auf. Neurologische Spezialuntersuchungen kommen einer möglichen Nervenerkrankung auf die Spur.
Hinweis: Besonders wichtig bei der Diagnostik ist die ausführliche Medikamentenanamnese, d.h. die Abfrage, welche Arzneien die Patient*in einnimmt. Einige Wirkstoffe sind bekannt dafür, dass sie zu RLS-Symptomen führen oder diese verstärken. Dazu gehören Cimetidin, Flunarizin, Lithium und andere Antidepressiva sowie Antipsychotika wie Haldol, Clozapin und Risperidon.
Schlafhygiene, Eisen und Bewegung
Behandelt werden beim RLS sowohl die Symptome als auch – sofern gefunden - die Ursache. Liegt z.B. eine begleitende Erkrankung vor, muss diese therapiert werden. Sind Medikamente der Auslöser, wird die Ärzt*in diese absetzen bzw. ersetzen.
Zur Linderung der Beschwerden empfehlen Expert*innen zunächst eine Eisensubstitution. Bei leichteren Missempfindungen und niedrigen Ferritinwerten (≤ 75 µg/l Blut) erfolgt die Eisengabe oral. Ein schweres RLS mit eingeschränkter Lebensqualität sowie eine Transferrinsättigung <20% im Blut erfordern die intravenöse Gabe. Meist werden einmal 1000 mg oder zweimal 500 mg innerhalb einer Woche verabreicht.
Zusätzlich unterstützen folgende allgemeine Maßnahmen die Therapie:
- Schlafhygiene verbessern. Dazu gehören ein dunkler, ruhiger und angenehm temperierter Schlafraum und eine gute Matratze. Abends sollten Aufregungen (aufwühlende Filme, belastende Nachrichten) und anstrengender Sport gemieden werden. Stattdessen helfen Rituale, die immer dem gleichen Rhythmus folgen. Etwa ein Abendspaziergang, ein Tee oder ein warmes Bad.
- Beruhigende Ernährung. Lebensmittel mit raffiniertem Zucker oder kohlensäurehaltige Getränke wirken ungünstig auf ein RLS und sind deshalb zu reduzieren.
- Aufputscher meiden. Betroffene berichten häufig, dass Alkohol, Kaffee, Cola und Rauchen die Beschwerden verschlimmern. Expert*innen empfehlen, nach 15 Uhr kein Koffein und ab vier Stunden vor dem Zubettgehen keinen Alkohol zu sich zu nehmen. Raucher*innen sollten versuchen, sich das Rauchen abzugewöhnen.
- Körperliche Bewegung. Regelmäßige körperliche Aktivitäten, bei den die Beine beansprucht werden, können sich auf ein RLS positiv auswirken. Allerdings sollte man am Vormittag oder frühen Nachmittag Sport treiben. Spätere Anstrengungen können das RLS triggern.
- Ablenkung. Wenn die Beschwerden abends vor dem Zubettgehen auftreten, helfen Ablenkung durch Hobbys, Spiele oder Basteln. Beim Fernsehen profitieren manche Patient*innen von Handarbeiten wie Stricken oder Häkeln.
- Bettfahrrad. Niereninsuffiziente Patient*innen entwickeln häufig während ihrer Dialyse RLS-Symptome. Ihnen hilft es, wenn sie während der Dialyse ein Bettfahrrad benutzen.
Hinweis: Vorsicht mit Entspannungsübungen. Es gibt Hinweise, dass autogenes Training oder die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen die RLS-Beschwerden verschlechtern können. Wer dies nach Entspannungseinheiten bemerkt, sollte darauf lieber verzichten.
Wann Medikamente ran müssen
In manchen Fällen bleiben die Beschwerden trotz allgemeiner Maßnahmen und Eisengabe bestehen. Ist der Leidensdruck groß, sind im Gehirn wirkende Medikamente angezeigt. Dabei müssen jedoch die teils ausgeprägten unerwünschten Wirkungen der Medikamente bedacht und frühzeitig erkannt werden, um darauf zu reagieren.
Dopaminagonisten. Als Mittel der ersten Wahl gelten Dopaminagonisten. Sie werden eineinhalb bis zwei Stunden vor dem üblichen Beginn der Beschwerden eingenommen (Pramipexol oder Ropinirol) oder als Pflaster (Rotigotin) täglich neu aufgeklebt. Dabei verordnet die Ärzt*in die niedrigst wirksame Dosis, um eine sog. Augmentation zu vermeiden. Diese typische Komplikation der dopaminergen Therapie zeigt sich darin, dass die Beschwerden mit der Zeit deutlich früher beginnen, sich auf andere Körperteile ausbreiten, zunehmen oder die Wirkung der dopaminergen Substanz nachlässt.
Dopaminagonisten haben weitere Nebenwirkungen, die Patient*innen kennen müssen. In den ersten Wochen der Behandlung kann es zu Übelkeit, Schwindel und Benommenheit kommen. Bleiben diese unerwünschten Wirkungen bestehen, muss die Ärzt*in das Präparat absetzen oder austauschen. Eine weitere ernstzunehmende Nebenwirkung sind Impulskontrollstörungen, die bei jeder vierten Betroffenen auftreten. Dabei handelt es sich z. B. um Spiel- und Kaufsucht, zwanghaftes Essen und eine Steigerung der Libido. Kommt es dazu, muss die behandelnde Ärzt*in informiert und der Dopaminagonist ebenfalls abgesetzt werden.
Nach ärztlicher Rücksprache sofort abgesetzt wird der Dopaminagonist, wenn die Patient*in nachts wacher ist als ohne Therapie und die Tagesmüdigkeit erheblich zunimmt. Das Gleiche gilt, wenn es am Tag zu Schlafattacken kommt, die das Autofahren unmöglich machen.
Gabapentinoide. Pregabalin und Gabapentin sind wirksam gegen RLS-Beschwerden, in Deutschland dafür aber nicht zugelassen. Ihr Off-Label-Einsatz gilt den aktuellen Leitlinien zufolge als gerechtfertigt, wenn Dopaminagonisten z.B. aufgrund von Impulskontrollstörungen nicht gegeben werden können oder die Schmerzen besonders ausgeprägt sind. Vor allem bei älteren Patient*innen führen Gabapentinoide allerdings zu Schwindel, Gangstörungen, Benommenheit und Sehstörungen.
Opioide. Die Kombination von Oxycodon und Naloxon gilt als sicher und effektiv bei der Behandlung des RLS. Sie ist als zweite Wahl zugelassen, d.h. wenn andere Therapien versagt haben oder aufgrund von Nebenwirkungen nicht möglich sind. Neben unerwünschten Wirkungen wie Schwitzen, Juckreiz, Müdigkeit und Benommenheit droht bei chronischer Einnahme von Opioiden eine körperliche und psychische Abhängigkeit.
Neben diesen Wirkstoffen empfiehlt die RLS-Leitlinie zur Behandlung zwei nicht-medikamentöse Verfahren. So bessert die regelmäßige Bestrahlung der Beine mit Infrarotlicht die Beschwerden. Dahinter steckt vermutlich die Wirkung von Stickstoffmonoxid auf die Gefäße. Auch die transkutane spinale Gleichstromstimulation soll RLS-Beschwerden bessern. Dabei werden über der Wirbelsäule zwei Flächenelektroden aufgeklebt und niedrig dosierte Ströme appliziert.
Hinweis: Immer wieder werden auch Cannabinoide, Magnesium oder Benzodiazepine zur Behandlung des RLS vorgeschlagen. Aufgrund fehlender Wirknachweise empfiehlt die Leitlinie diese Therapien bisher nicht. Das Gleiche gilt für Laser- und Kältetherapien, Akupunktur und die pneumatische Kompression der Beine.
Quellen: Leitlinie, Deutsche Restless Legs Vereinigung